In Basel stehen im Oktober Gesamterneuerungswahlen des kantonalen Parlaments und der Regierung an. Ganz wenig hat der Wahlkampf schon angefangen, jedenfalls sind in allen Parteien die Kandidierenden fleissig daran, sich von den professionellen Werbern fotografieren zu lassen. Die Parteien haben Konzepte für den Wahlkampf, die Kandidierenden suchen zusätzlich ihren eigenen Weg, sammeln Adressen, bereiten sich für Events vor, Strassenaktionen werden geplant, Plakatwände gebucht und vieles mehr.
Einer der Kandidierenden ist Marcel Rünzi. Er ist im Pensionsalter und stellt sich zur Wahl in den Grossen Rat. Warum wohl? Aber lassen wir ihn doch selber zu Wort kommen.
Lieber Herr Rünzi, sie sind sehr fit und munter! Wie alt sind Sie?
Ich bin 78 Jahre alt.
Was für eine Berufskarriere haben Sie hinter sich?
Mit 16 Jahren habe ich eine Lehre in einem Ingenieurbüro als Eisenbetonzeichner begonnen und nach 3 Jahren abgeschlossen.
In der Projektierung und Bauaufsicht von zahlreichen Strassen-, Brücken- und Hochbauten in der Region und in der Zentralschweiz war ich in Büros in Pratteln und Zofingen beschäftigt.
1968 nahm ich eine Stelle im Tiefbauamt an, in der Absicht, die Kantonale Verwaltung kennen zu lernen und danach wieder in die Privatwirtschaft zurückzukehren. Doch wurde daraus eine Lebensstelle in verschiedenen Chargen beim Kanton. Nach verschiedenen Engagements im Strassenbauten wurde mir die Koordinationstelle für Leitungsverlegungen übertragen. Mein Auftrag war, als Bindeglied zwischen dem Tiefbauamt und den involvierten kantonalen und eidgenössischen Ämter (Industrielle Werke, Gewässerschutzamt, PTT) sowie der beauftragten Ingenieurbüros die Projekte zu koordinieren.
Namentlich betraf es Grossvorhaben wie der Nationalstrassenbau und grösseren Strassen- und Kunstbauten des Kantons. Als Beauftragter des Tiefbauamtes bei der für die Zu- und Ableitungen zur ARA Basel zuständigen Projektgruppe der Pro Rheno begleiteten wir, zusammen mit Vertretern des Gewässerschutzamtes Basel-Stadt und Basel-Landschaft sowie den Chemiebetrieben Ciba-Geigy und F. Hoffmann – La Roche die Vorhaben in dreifacher Millionenhöhe. 1982 wurde dann die ARA Basel in Betrieb genommen.
Mit Schwerpunkt begehbarer Leitungstunnels war ich auch auf eidgenössischer Ebene mit der Ausarbeitung von Normen aktiv.
Anfangs der 90er Jahre wurde ich als Leiter der Bodenbewertungsstelle und Mitglied der Bewertungskommission gewählt und arbeitete mich in einen neuen Aufgabenbereich ein. Auf dieser Stelle konnten sich Liegenschaftseigentümer aus der Privatwirtschaft und der öffentlichen Hand über Liegenschaftswerte beraten und Liegenschaften bewerten lassen . Teil der Aufgabe war auch die Bemessung der schweizweit noch kaum bekannten Mehrwertabgabe, gemäss Eidg. Bundesgesetz über die Raumplanung und kantonale gesetzliche Vorgaben .
2004 ging ich in Pension, arbeitete aber noch einige Zeit weiter als Mitglied der Bewertungskommission und als unabhängiger Berater.
Was reizt Sie daran, sich für die Grossratswahlen als Kandidat aufstellen zu lassen?
Die Mitgestaltung der Politik unseres Kantons hat mich zeitlebens interessiert. Dass ich mich in meinem Alter nochmals zur Verfügung stelle habe ich mir lange überlegt. Ich habe mich überzeugen lassen, dass das Alter allein kein Grund zu einem Nichtantreten sei, zumal ich politisch seit meinen Jungendjahren aktiv war und in Grossbasel West noch immer aktiv mitwirke; mit Leserbriefen und Engagements für einzelne Vorhaben wie dem Erhalt des mir am Herzen gelegenen Lysbüchelareals für das Gewerbe (wo der Souverän sich dann für eine Mischnutzung Wohnen/Gewerbe entschieden hat).
Da ich tagtäglich das politische Geschehen lebhaft verfolge, könnte ich mir ein nochmaliges Engagement im Grossen Rat gut vorstellen.
Macht Wahlkampf überhaupt Spass?
Wahlkampf hat mir immer Spass gemacht. Zusammen mit Kandidatinnen und Kandidaten auf der Strasse und an Veranstaltungen aufzutreten, lässt uns die Bedürfnisse und Anliegen der Bevölkerung nachzuvollziehen, ja gar miterleben.
Hatten Sie schon mal ein Amt als Parlamentarier inne? Und wenn ja, was hat Ihnen daran gefallen?
Lange Jahre war ich Mitglied des Bürgergemeinderates, dem Parlament der Bürgergemeinde Basel. Als Parlamentarier und als Präsident der Kommission Bürgerspital lernte ich die Parlamentsarbeit kennen und schätzen.
Mitglied des Grossen Rates war ich zwischen 2003 und 2008. Als Mitglied der Bau- und Kunstkommission und der Geschäftsprüfungskommission erlebte ich die Politik nun aus der Warte des Kantonalen Parlaments. Eine lebhafte Zeit mit interessanten Herausforderungen und positiven Erfahrungen.
Können Sie Seniorinnen und Senioren empfehlen, sich für politische Ämter zu interessieren, gar zu kandidieren? Wenn ja, warum? Und wenn nein, warum nicht?
Für mich gibt es keine allgemein gültige Antwort. Ich würde nur auf Frauen und Männer zugehen, von denen ich überzeugt wäre, dass sie das politische feu sacré intus haben, Interesse am Amt bekunden und auch bereit wären, sich einzubringen.
Was für Fähigkeiten braucht es, um Ihrer Meinung nach ein guter Politiker, eine gute Politikerin zu sein?
Ein klarer eigener Standpunkt zu haben und für diesen einzustehen. Dazu Teamfähigkeit und Freude am parlamentarischen Arbeiten. Vorteilhafterweise ist man in der Gesellschaft integriert und auch engagiert. Und wer sich bereits beruflich und ehrenamtlich bewährt , hat gute Voraussetzungen für die Aufgabe.
Haben Sie neben ihrem politischen Engagement in der Partei noch Zeit für Hobbies?
Die meiste Zeit beanspruchen mich zur Zeit Verpflichtungen in Nonprofitorganisationen (NPOs). Daneben schaffe ich mir reichlich Nischen für Sport (Wandern, Velofahren, Golf) sowie Zeit für kulturelle Angebote.
Kennen Sie die Plattform Seniors@Work?
Nein, bin aber gespannt sie kennen zu lernen.
Was möchten Sie den Leserinnen und Lesern des Blogs von Seniors@Work mit auf den Weg geben?
Engagieren Sie sich im politischen und gesellschaftlichen Rahmen nach ihrer Möglichkeit und Ihrem Gusto. Unsere Gesellschaft lebt zu einem hohen Masse von Freiwilligenarbeit, welche zu einer Bereicherung für die Gesellschaft, aber auch für alle Freiwilligen werden kann und dies meist auch tut.
Lieber Marcel Rünzi, ganz herzlichen Dank für Ihre offenen Worte. Wir drücken Ihnen für einen erfolgreichen Wahlkampf sehr herzlich die Daumen und wünschen Ihnen Erfolg, Zufriedenheit, Glück und vor allem Gesundheit.
Beatrice Isler