Frau Professor Daniela Finke und Herr Daniel Wiener sind mir beide bekannt über komplett verschiedene Kanäle. Als ich dann hörte, dass Seniors@Work und KOSMOS in Kontakt sind und eine gute Vernetzung sinnvoll ist, bat ich die beiden Gründungsmitglieder zu einem Interview, welches wir ganz coronakonform per Email durchführten.
Lassen Sie sich, liebe Leserin, lieber Leser, überraschen, wo auf dem Bruderholz sich „das Weltall ordnet“ und was für ein tolles Projekt hier entsteht.
Sie beide, Frau Prof. Finke und Herr Wiener, sind beide Gründungsmitglieder von KOSMOS Basel. KOSMOS…. was ist das eigentlich?
KOSMOS bezeichnet einen neuen Schaffens- und Erlebnisraum für Seniorinnen und Senioren bei der Sternwarte in Basel. Es tönt, als ob der Name etwas mit dem Standort zu tun hätte. Doch er stand lange fest, bevor wir die Gelegenheit bekamen, das Gebäude des ehemaligen Astronomischen Instituts der Universität Basel zur Miete zu übernehmen. Vielleicht gilt in diesem Fall ganz besonders: Nomen est Omen. An der Venusstrasse 7 in Binningen entsteht ein Freiraum, den Seniorinnen und Senioren zur Realisierung ihrer eigenen Ideen nach der Pensionierung nutzen können. Priorität haben aber nicht private Ateliers oder Werkräume, sondern Angebote von Seniorinnen und Senioren für alle Generationen. Zum Beispiel in Bereichen wie Musik oder Gesundheit, Bewegung oder Reisen. Dazu werden, sobald Corona etwas abebbt, auch Veranstaltungen, gemeinsamer Gartenbau, Sport oder „Co-Working Spaces“ kommen. Unser Haus verfügt über viele verschiedene Räume incl. Aula, Seminarraum und Teeküche. Wir kuratieren einen bunten, spannenden Mix aus Freizeit-Tätigkeiten und Arbeit. Dazu vermitteln wir auch Arbeit ausserhalb der KOSMOS-Räumlichkeiten, teilweise in Zusammenarbeit mit Seniors@Work. Denn viele Menschen möchten ihre Fähigkeiten auch weit über ihre Pensionierung hinaus nutzen, auch zum Geld verdienen.
Wie kommen Sie beide dazu, gemeinsam ein solches Sozialprojekt zu starten? Was war der Auslöser?
Wir haben uns vor bald drei Jahren an einer Innovations-Konferenz in Zürich kennen gelernt, wo wir zufällig in einem Vortrag nebeneinander sassen. Bald realisierten wir, dass uns neben dem gemeinsamen Wohnort Basel ein Interesse am Thema Alter und Arbeit verbindet. Bei der Kontaktaufnahme mit dieser „Szene“ lernten wir eine ganz neue Welt kennen.
Aus eigener Erfahrung weiss ich, wie schwierig es ist, an Räumlichkeiten für solche Projekte zu kommen. War die Sternwarte ein glücklicher Zufall?
Ja, das Haus war ausgeschrieben, und wir haben uns mit einem Konzept beworben, das offenbar überzeugte.
Gibt es bei KOSMOS eine Vereinsstruktur? Kann man hier Mitglied werden? Wenn ja, was kostet es?
Gute Idee! Wir haben noch nie daran gedacht, einen Verein zu gründen, aber das sollten wir uns ernsthaft überlegen. Träger sind zurzeit die „Culture of Change Stiftung“, die auch noch andere Aktivitäten unterstützt sowie wir zwei als einfache Gesellschaft. Wir tasten uns an die richtige Struktur heran. Im Moment denken wir, ein Sozialunternehmen wäre erstrebenswert, aber vielleicht ergänzt durch einen Verein, wie Sie vorschlagen.
Wen wollen Sie konkret ansprechen?
Alle Seniorinnen und Senioren, die Räume für Aktivitäten, unternehmerisch tätig sein wollen oder einfach Arbeit suchen, um ihre Fähigkeiten weiter zu nutzen, sei es freiwillig oder bezahlt. Wir wollen „moderierte Arbeitsplätze“ anbieten. Was heisst das? Wir führen Gespräche mit potenziellen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern sowie mit Menschen über 65, um deren Bedürfnisse und Möglichkeiten kennen zu lernen und zusammenzuführen. Dabei geht es nicht zuletzt darum, auf der einen Seite Vorurteile abzubauen und auf der anderen Seite Selbstvertrauen zu fördern.
Ich sehe auf der Website www.kosmosbasel.ch, dass es eine digitale Buchungsplattform geben wird, mit welcher Seniorinnen und Senioren aus einem breiten Spektrum Angebote und Aktivitäten auswählen können. Ältere Menschen ohne Computer sind davon ausgeschlossen. Wie wollen Sie diese erreichen?
Nicht alles läuft digital, wie wir schon dargelegt haben. Und wir vertrauen in die Lernfähigkeit, auch von älteren Menschen. Und wir wollen diese auch gezielt fördern.
Und apropos: Sie schreiben von einem Shuttleservice, der die Erreichbarkeit des Hauses gewährleistet. Wie ist das angedacht?
Gegenwärtig laufen Gespräche mit der Gemeinde Binningen und mit der BLT. Die Gemeinde hat schon lange den Plan, das angrenzende Bruderholz mit dem öffentlichen Verkehr zu erschliessen. Das wussten wir nicht, bevor wir Kontakt aufnahmen. Aber es gibt hier oben noch weitere Aktivitäten wie das Sonnenbad, Familiengärtner, einen Hofladen oder den meteorologischen und den astronomischen Verein, um nur ein paar Beispiele zu nennen, die von einem solchen Linienbus träumen. Zudem ist der Friedhof Binningen bisher schlecht angebunden, und es gibt viele Spaziergänger. Alle zusammen schaffen wir es möglicherweise, die Nachfrage zu generieren, die es für einen solchen Shuttle braucht. Dieser wäre dann ins Tarifsystem des TNW eingebunden.
Sie beide kennen die Plattform Seniors@Work und dessen Gründer Alexis Weil. Wie sind Sie darauf aufmerksam geworden?
Seniors@Work ist weitherum bekannt. Wir wurden nicht zuletzt vom Gesundheitsdepartement Basel-Stadt, dessen Vorsteher in unserem Beirat ist, ermutigt, mit Alexis Weil Kontakt aufzunehmen. Der Austausch war äusserst positiv und offen. Wir haben auch bereits begonnen, konkret zusammen zu arbeiten, indem wir Mitarbeitende aus dem Pool von Seniors@Work für unsere Pinselrenovation des Hauses auf dem Margarethenhügel engagiert haben.
Wie stellen Sie sich eine weitere Zusammenarbeit vor?
Wir gehen allgemein Schritt für Schritt vor. Probieren aus und behalten, was sich bewährt, verwerfen, was nicht so gut funktioniert. Das nennt sich „agile“ Projektentwicklung. So bauen wir auch die Zusammenarbeit mit Seniors@Work auf. Bisher läuft es sehr gut, und wir können uns vorstellen, enger zu kooperieren.
Frau Prof. Finke und Herr Wiener, ich wünsche Ihnen sehr herzlich viel Glück und viel Erfolg für ihr ausserordentlich spannendes Projekt. Alles Gute und bleiben Sie gesund!
Und an „meine“ Leserinnen und Leser folgt der Aufruf: bei weiteren Fragen, Ideen, Engagement… wenden Sie sich an KOSMOS!
Beatrice Isler