Es gibt viele gute Gründe, ältere Arbeitnehmer einzustellen. Leider scheuen sich manche Unternehmen dennoch davor. Warum Altersdiskriminierung nicht mehr zeitgemäß ist, erklärt die Karriereberaterin und frühere HR-Managerin Sonja Rieder.
Tut uns leid, aber Sie kosten zu viel.“ – Spricht man mit älteren Menschen über ihre Erfahrungen bei der Jobsuche, so scheint dies das häufigste Argument bei der Absage zu sein. Das bekommen auch die Klienten von Karriereberaterin Sonja Rieder oft zu hören. Als frühere Personalverantwortliche kennt sie die Unternehmensseite und weiß, welche Vorteile ältere Mitarbeiter mit sich bringen und warum sie höhere Kosten aufwiegen.
Das Problem beginnt bei der Definition von „alt“, erklärt Rieder. „Im Vergleich zur Lebenserwartung gilt in der Arbeitswelt leider eine absolut überholte Definition von ‚alt‘. Jemand, der heute in den Vierzigern oder Fünfzigern ist, kann doch keineswegs als alt bezeichnet werden. In manchen Branchen wie der Werbebranche gehört man sogar ab 30 schon zum alten Eisen. Diese Ansicht hat nichts mit der Lebensrealität zu tun.“ Die Einstellung gegenüber dem Personenalter sollte sich also grundlegend ändern – laut Gleichbehandlungsgesetz ist Diskriminierung aufgrund des Alters ohnehin verboten.
Warum man mehr ältere Mitarbeiter einstellen sollte
Worum es im Bewerbungsverfahren nämlich eigentlich gehen sollte, sind fachliche Qualifikation und persönlicher Team-fit. Passt die Person fachlich wie menschlich? Hier gibt es sogar Berufe, in denen das Alter von Vorteil sein kann, betont die Beraterin: „In Bereichen wie Coaching und Beratung, Psychologie, Psychotherapie oder sehr komplexen Berufen braucht es Menschen mit viel Erfahrung.“ Die Erfahrung ist laut Rieder überhaupt das beste Argument für die Einstellung älterer Mitarbeiter.
Erfahrung, Stabilität, Diversität: die Vorteile des Alters
Dabei geht es nicht nur um Berufserfahrung, sondern auch um Lebenserfahrung. Das würde sehr oft unterschätzt, erzählt Rieder: „In höherem Alter kennt man sich selbst viel besser, man weiß sich besser einzuschätzen, wenn man mehr Lebenserfahrung hat. Jemand mit fünfzig hat auch die Zeit des Ausprobierens, die in den Zwanzigern und Dreißigern normal ist, meistens schon hinter sich.“ Das bietet eine gewisse Planungssicherheit für Unternehmen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein älterer Mitarbeiter nach zwei, drei Jahren wieder wechselt, ist geringer, und damit auch die Fluktuationskosten
„Ältere können wunderbare Mentoren sein und Jüngere mitausbilden.“
Ihren großen Wert entfalten die Älteren vor allem in Kombination mit Jüngeren, weiß Sonja Rieder. „Sie können wunderbare Mentoren sein und Jüngere mitausbilden. Ältere Arbeitnehmer teilen ihr Wissen oft sehr freigiebig mit anderen, davon profitieren die weniger Erfahrenen ungemein. Gleichzeitig können die Älteren viel von ihren jungen Kollegen lernen. Hier kommt das große Thema „Diversity“, das ja vielen Unternehmen sehr wichtig ist, ins Spiel. Eine hohe altersmäßige Durchmischung tut Teams sehr gut.“
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Bildnachweis: Sonja Rieder/Paul Pölleritzer